Die Krone der Einbacher Tracht
Schäppelmacherin Rosa Ringwald wird heute vom Arbeitskreis Alemannische Heimat geehrt 28. November 2013.
Viel Geduld und Fingerfertigkeit braucht es, bis in etwa 25 Stunden Arbeit ein Schäppel für die Einbacher Festtagstrachte entstanden ist. Schäppelmacherin Rosa Ringwald wird heute für diese Pflege es Brauchtums von Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer geehrt. Der Arbeitskreis Alemannische Heimat ehrt heute in der Hausacher Stadthalle verdiente Persönlichkeiten im Regierungsbezirk Freiburg für besondere Leistungen in der Heimatpflege. Darunter ist auch Schäppelmacherin Rosa Ringwald vom Oberen Kurzbach. Tausende Perlen und Pailetten liegen vor Rosa Ringwald auf dem Tisch in der gemütlichen Bauernstube hoch oben im Hauserbachtal. Nach rund 25 Stunden »Fitzelearbeit« wird daraus ein prächtiger Schäppel entstanden sein, den die Einbacher Mädchen bis zu ihrer Hochzeit zur Festtagstracht tragen. Aufwand und Material für die »Einbacher Kapp«, die Haube für die Festtagstracht der verheirateten Frauen, sind etwa gleich. Die Kunst des Schäppelmachens war eigentlich schon eingeschlafen – Anfang der 60er-Jahre, als Rosa Ringwald auf den »Kutzbe« kam, war das Schäppeltragen bei den Mädchen eher verpönt. Doch dann wurde 1972 die Trachten- und Volkstanzgruppe gegründet, es begann die Ära der Heimatabende und Gästebegrüßungen. Und plötzlich wurden wieder Schäppel gebraucht. Die Tante ihres Ehemanns beherrschte zwar die Kunst des Schäppelmachens – hatte aber kein Material. Heute geht man auch im Oberen Kurzbach für solche Recherchen ins Internet – damals gab es dort noch nicht einmal ein Telefon. Ortsvorsteher Markus Buchholz ließ aber nicht locker. Er kümmerte sich selbst darum, den Draht, die Perlen und Pailetten zu besorgen – und dann wurde die Stube an langen Wintertagen wieder zur Schäppelwerkstatt. Rosa, ihr Mann Karl und ihr Schwiegervater haben geholfen, die Perlen aufzufädeln – und als die Schäppelmacherin krank wurde, haben sie die aufgefädelten Perlen sogar ins Krankenhaus gebracht, damit Tante Karoline sie dort weiterverarbeiten konnte. Doch die Tante sollte nicht mehr aus dem Krankenhaus heimkehren – und Rosa Ringwald beschied dem Ortsvorsteher, das Material wieder abzuholen. Doch davon wollte dieser nichts wissen: »Das machst jetzt du«, bestimmte er. Und so wurde das Schäppel- und Kappenmachen Rosa Ringwalds Hobby für lange Winterabende. Wie viele Schäppel und Kappen im »Kutzbe« inzwischen entstanden sind, weiß sie selbst nicht mehr.
Immer mehr Puppen
Inzwischen entstehen unter den Händen der 69-Jährigen mehr Trachtenpuppen – begehrte Geschenke für Trachtenträger-Jubilare. Doch »der ärgste Boom ist rum«, sagt Rosa Ringwald. 1983 bei der Herbstmesse hat man ihr die Puppen noch fast aus der Hand gerissen. Längst ist sie mit ihrer Kunst zu einer begehrten Bereicherung für Brauchtumsveranstaltungen geworden – im Frühjahr in Pforzheim, bei den Heimattagen in Horb, bei der Badenmesse in Freiburg. Und immer öfter kommen auch Gruppen in den Oberen Kurzbach, um sich das Schäppelmachen vor Ort anzuschauen, am liebsten verbunden mit einem zünftigen Bauernvesper. Da wurde die Bauernstube bald zu klein, und die Ringwalds bauten eigens eine Vesperstube aus. Heute helfen auch die Enkel schon beim Perlenauffädeln. Die Töchter Hildegard und Rita wissen, wie’s geht. Die Fingerfertigkeit, die es zur Fertigung eines ganzen Schäppels braucht, müssten sie sich genauso aneignen wie ihre Mutter damals. Aber vom Aussterben bedroht ist das Schäppel- und Kappenmachen jedenfalls nicht.
STICHWORT
Ehrung
Menschen wie Rosa Ringwald braucht es dringend, um überlieferte Traditionen in die Zukunft retten zu können. Deshalb ist sie eine von fünf Persönlichkeiten im Regierungsbezirk Freiburg, die heute Abend in der Hausacher Stadthalle vom Arbeitskreis Alemannische Heimat geehrt werden. Die Festansprache hält Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer – und natürlich wirkt die Volkstanzgruppe samt Schäppelmädchen mit. Autor: Claudia Ramsteiner